Irgendwie wollen wir doch alle nur ein bisschen Liebe
- André Maaß

- 7. Dez. 2021
- 4 Min. Lesezeit

Einmal mehr geht es auf Weihnachten zu. In den Streamingdiensten findet man wieder die Rubrik "Christmas-Movies", in denen sowohl ältere als auch modernere Filme enthalten sind, die sich um menschliche Wärme, Gefühle und liebenden Umgang miteinander drehen. Auch ich habe mich dabei erwischt, wie mich diese Filme zum Lächeln gebracht haben. Aus ihnen sprang eine gute Stimmung auf mich über. Wohl zu keiner anderen Jahreszeit sind wir für diese Herzensfilme mehr empfänglich, als dann, wenn es auf Weihnachten zugeht. Aber sind wir ehrlich. "Weihnachten" hat in diesem Fall nichts mit den Feiertagen, Geschenken und Gänsebraten zu tun. Es ist mehr ein Gefühl von Zusammengehörigkeit, Nähe von Menschen die wir lieben und Geborgenheit.
Mir ist schon klar, warum viele Weihnachten doof finden
Ich kenne jedoch nicht wenige, die eine echte Abneigung gegen das Fest der Liebe haben. Die sind schon genervt, wenn jemand mit ein paar Plätzchen um die Ecke kommt oder sein Haus mit Lichtern schmückt. Weihnachtsfilme sind für die dann eher alle Teile von "Stirb langsam". Wenn man sich mit diesen Menschen unterhält, hört man gern auch mal sowas wie "Boah bin ich froh, wenn der Scheiß endlich vorbei ist. Jedes Jahr der gleiche Mist." Ich muss gar nicht lange überlegen, woher diese Abneigung kommt. Man hat ziemlich schnell raus, was der Ursprung davon ist. Einige von diesen Leuten sind beispielsweise die freien Singles, die ein hippes und unabhängiges Leben führen. Nun wird ihnen wieder bewusst, dass sich die Ungebundenheit in solchen Momenten in Einsamkeit verwandelt. Es ist nicht das Fest an sich, sondern die Tatsache, es allein verbringen zu müssen. Wenn man einfach mal Lust dazu hat, ein bisschen allein zu sein, dann ist es was anderes, als wenn man dazu gezwungen ist. Andere haben aus der Kindheit schlechte Erfahrungen mit diesen Festtagen. Keine Geschenke, zerstrittene Familien, Armut oder fehlende Liebe. Die Erlebnisse sind vielfältig und sie sind nachvollziehbarerweise eine gute Begründung dafür, Santa Claus die Tür vor der Nase zuzuhauen. Nicht zuletzt sind da auch noch die Menschen, die eh schon seelisch angeschlagen sind und unter der dunkelgrauen Jahreszeit leiden. Hier helfen auch keine schönen bunten Lichter, um wieder auf die Spur der guten Laune zu kommen.
Es ist gar nicht viel, was hier nötig ist
Am Ende ist es gar nicht so viel, was wir brauchen. Es ist nichts weiter als ein bisschen Liebe. Wir sind von Natur aus nicht für das Alleinsein gemacht. Je länger jemand allein ist, desto verschrobener wird er. Erstaunlich finde ich, welche Wandlung viele so vollziehen, wenn sie ein bisschen Liebe erfahren. Ein guter Freund von mir war über eine sehr lange Zeit Dauersingle. Er war der einzige Single in einer Gruppe von Paaren, was sich für ihn alles andere als gut angefühlt hat. Er gehörte dennoch immer mit dazu. Jedoch merkte man ihm an, dass er es hasste, der einzige Alleinstehende in der Clique zu sein. Im Laufe der Jahre wurde er immer ein bisschen merkwürdiger. Häufig war er schlecht gelaunt und seine Kommentare wurden immer bissiger. Wenn das Thema "Partnerin" aufkam, machte er beinahe komplett dicht. Es war nicht so, dass sich nicht die eine oder andere Frau für ihn interessierte. Allerdings hatte er ständig etwas auszusetzen. Für mich war da der Beweis, dass ihm die andauernde Einsamkeit bereits einen großen seelischen Schaden zugefügt hat. Sie ist wie ein Gift, das sehr langsam wirkt. Wenn es schlecht läuft, hilft ab einem bestimmten Punkt das Gegenmittel nicht mehr - eine eventuelle Partnerin hat also keine Chance, egal wie sehr sie sich auch bemüht.
Die schönsten Geschenke liegen nicht unter dem Baum
Auch an diesem Weihnachtsfest werden wieder eine Menge Menschen allein sein. Sie können nicht einmal an den Abenden auf Party gehen, weil im Grunde nichts geöffnet hat. Aber Einsamkeit ist kein Urteil einer höheren Macht oder ein in Stein gemeißeltes Schicksal. Es ist ein Zustand, den man jederzeit ändern kann. Einen Menschen bei sich zu haben, den man liebt und mit dem man glücklich sein kann, ist das Einzige, was zählt. Dazu brauche ich nicht mal das Fest der Liebe. Jeden Tag kann ich das spüren und genieße es so sehr. Wozu soll ich durch Geschäfte hetzen oder das Internet absuchen, um Geschenke zu finden. Egal wie wertvoll sie sind, es bleiben doch nur Dinge. Was ist all das gegen die Nähe des Herzmenschens? Es gibt keine Währung für Liebe und Zeit. Wenn dieses Jahr wieder Weihnachten ist, dann werde ich die größten Geschenke nicht unter dem Baum finden. Sie werden um mich sein. Kein noch so hochpreisiger Luxusartikel, keine noch so hippe Party mit Fremden, kein noch so großer Gutschein kann das Gefühl ersetzen, mit dem geliebten Menschen eng aneinandergeschmiegt auf dem Sofa zu sitzen und gemütliche Kuschelzeit zu verbringen. Das ist die alleinige Bedeutung, die Weihnachten für mich hat. Gerade jetzt, wo sich die Leute lieber auseinanderdividieren, als für sich da zu sein und zu stützen, ist das wichtig für mich. Jeder muss sich entscheiden, wie sein Leben sein und was darin einen Wert haben soll. Meine Entscheidung steht fest. Mehr denn je. Liebe ist das wichtigste Gut und ich bin aus tiefstem Herzen dankbar, dass ich sie erleben und spüren darf.
Fröhlichst
dein André








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